Donnerstag, 31. März 2011

Neues aus den letzten 2 Wochen

So, nun ist es nach zwei Wochen des Wartens wieder Zeit für Neuigkeiten aus Georgien. Hier ist nun endgültig der Frühling angekommen und ich genieße die warme Sonne sehr, auch wenn es in der Schule immer noch sehr kalt ist. Da freut man sich auf das Schulende. Das ist eben nicht nur bei den Schülern der Fall.
In der Schule habe ich bisher nun bei fast 10 Lehrern hospitiert und ich muss sagen, dass sich das Kompetenzspektrum dieser sehr weit zu fächern scheint. Es gibt sehr vorbildliche Lehrer und wirkliche pädagogische Nieten. Ich versuche mich nun eher an den besseren Lahrern zu orientieren, was nicht nur besser für meine Lehrerausbildung ist, sondern in erheblichem Maße auch meine Nerven schont, da diese Klassen meist disziplinierter sind. Nun fällt hier so oft das Wort Disziplin. Darunter ist hier aber nicht der regierende Rohrstock zu verstehen, sondern ein Zustand, der in Deutschland an den meisten Schulen gar nicht erst so stark auftritt: nämlich, dass die Schüler überhaupt zum Unterricht kommen, einen Stift mitbringen, Papier mitbringen und wenigstens 10 Minuten in der Stunde nicht reden. Wie schön…
Ich selbst habe jetzt eines von meinen zwei Projektblöcken gestartet. In Heiners Klasse haben sich die Schüler zu Thema „Berühmte Persönlichkeiten in Tiflis“, „Ausländer in Tiflis“ und „Freizeitmöglichkeiten in Tiflis“ entschlossen zu arbeiten. Auch wenn sie mit ihren Taten nicht besonders engagiert scheinen, ist es doch so, dass sie sich ambitionierte Ziele setzen, was ja auch nicht schlecht ist. So ist geplant einen Blog zu erstellen, in denen die Interviews und Ergebnisse veröffentlich werden sollen. Das Goethe-Institut hat sich auch bereit erklärt, diese Projekte auf ihrer Internetseite zu bewerben. Das ist natürlich eine tolle Motivation für die Schüler.





Am Samstag, den 19. März, haben Tobi, Janek und ich wieder einen Ausflug gemacht. Diesmal ging es zum riesigen Tiflisser See inklusive der Besichtigung eines gigantischen Denkmals. Die Georgier haben wohl irgendwie einen Hang zum Pompösen, wie sich hier an so einigen Denkmälern erkennen lässt. Auf dem Rückweg haben wir in einer Gaststätte halt gemacht, die, wie sich herausstellte, nur 5 Minuten von mir zu Hause entfernt ist, welche vor allem mit der Qualität ihrer Speisen und dem Preisen überzeugte. Wirklich eine Empfehlung!




Am Tag darauf (Sonntag) veranstaltete Janek im Rahmen seines Projektes „Debattierwettbewerb“ einen Workshop, an dem ich auch teilnahm, um Janek zu unterstützen. Dabei muss angemerkt werden, dass dieses Projekt freiwillig für die Schüler war. Dennoch fanden sich etwa 35 Schüler ein. Ein Debattierwettbewerb besteht aus mehreren 2er-Teams. Es treten jeweils zwei Teams gegeneinander an. Ihnen wir ein vorher unbekanntes Thema (Sterbehilfe, autofreie Innenstadt, Abtreibung, Videoüberwachung etc.) gegeben, wobei nun eine Gruppe die Pro- und die andere die Contraseite vertreten muss. Sie müssen nun miteinander über dieses Thema debattieren bzw. diskutieren. Ziel war es an diesem Tag die Schüler auf den Debattierwettbewerbsvorentscheid am 28.3. vorzubereiten. Ich muss sagen, dass Janek diesen Tag sehr gut und professionell vorbereitet sowie durchgeführt hat. Fast alle Schüler haben die gesamte Zeit aktiv und aufmerksam am Workshop teilgenommen, der sich dann doch über etwa 5 Stunden erstreckt hat.




Seit Mittwoch früh (23.3.) bin ich nun auch nicht mehr allein in meiner Wohnung, denn Marie ist an diesem Tag gut in Tiflis gelandet. Ich habe sie früh um halb 6 am Flughafen abgeholt. Unser Fahrer war ein netter Georgier, Irakli (seine Nummer habe ich von Janek), der mehrere Jahre in Deutschland gelebt hat und daher ein sehr gutes Deutsch spricht. Das entscheidende Argument war allerdings der Preis – 12 Euro hin und zurück. Das ist unschlagbar! Leider regnete und stürmte es an diesem Morgen, so dass Marie nicht freundlich empfangen wurde. Aber die Rückfahrt durch die beleuchtete Innenstadt von Tiflis entschädigte etwas, auch wenn die Stadt bei Nacht dreimal schöner wirkt als sie in Wirklichkeit ist. Marie hat sich dann erstmal ausgeschlafen und ich bin in die Schule gegangen. Gegen 16 Uhr haben wir auf die Socken Richtung Innenstadt gemacht, um für Marie die Route zu ihrer Schule auszukundschaften. Gleichzeitig fand an diesem Tag in ihrer Schule (Deutsche Internationale Schule Tiflis) ein „Tag der offenen Tür“ statt. Glücklicherweise erreichten wir die Schule noch kurz vor Schluss, so dass sich Marie ein erstes Bild von dieser machen und recht lange mit dem Direktor der Schule über alle wichtigen Dinge sprechen konnte. Arbeitsbeginn sollte dann für sie der nächste Montag (28.3.) sein. Die Schule wirkt recht elitär und befindet sich natürlich in einem hervorragenden Zustand, der von dem der öffentlichen Schulen Lichtjahre entfernt ist. Beitrag pro Schüler für ein Schuljahr ca. 4000 Euro.
Abends haben wir uns dann noch mir Janek und Tobi zum Essen getroffen, danach machten Marie und ich noch einen Rundgang durch die Altstadt von Tiflis und ließen so den Abend ausklingen.

Am Freitag (25.3.) haben Marie und ich einen Ausflug nach Gori (etwa 80km westlichen von Tiflis), die Geburtsstadt Stalins, gemacht und besuchten dort das Stalinmuseum. Viel mehr gibt es, außer der Festung oberhalb der Stadt (die wir dann aber doch aus Zeitgründen unbesucht ließen), augenscheinlich in dieser Stadt nicht zu sehen. Das Stalinmuseum entpuppte sich (wie erwartet) als ein Hort unreflektierter Stalinverehrung und -glorifizierung. Wir haben aber trotzdem das volle Programm gebucht (Museum, persönlicher Einsenbahnwagon Stalins und Führung), um einmal den museumspädagogischen Charme der Sowjetunion unverstellt zu erfahren. Die junge Führerin musste leider schon bei geringen kritischen Nachfragen meinerseits passen, auch wenn sie mit Namen- und Faktenwissen durchaus zu glänzen wusste. Besonders interessant war der Salonwagen Stalins, der wohl durch Flugangst geplagt oft auf die Eisenbahn zurückgriff, wenn Reisen anstanden.










Aber man muss dem Museum zu Gute halten, dass es zumindest den Versuch machte, durch eine kurze Notiz über Verhaftungen und Opfer sowie über den Hitler-Stalin-Pakt, diese Aspekte im Museum zumindest zu erwähnen. Dass dieser Versuch mit kleinen ausgehangenen Zettelchen zwischen all den pompösen Bildern von Stalin und seinen Taten eher lächerlich wirkte, dürfte selbst dem unbelesenen Betrachter schnell klar werden.


Gegen 18 Uhr machten wir uns wieder auf den Heimweg, natürlich nicht ohne vorher noch einen Kaffee getrunken zu haben.



Am Samstag (26.3.) folgte das nächste Highlight. Tobi hatte uns Karten für das Fussball-EM-Qualifikationsspiel Georgien gegen Kroatien besorgt und so konnten wir uns dieses Spiel live im Stadion ansehen, direkt neben dem Schweizer Botschafter und weiteren Botschaftsangehörigen. Ich muss sagen, dass das Spiel wirklich schlecht war. Dennoch nahm der Abend für die Georgier ein glückliches Ende, denn der 1:0 Siegtreffer wurde in der 90. Minute erzielt. Bemerkenswert war die generell sehr friedliche Stimmung im Stadion, die aber nie schläfrig wurde, da die Georgier auch ohne großen Anlass sehr emotional sein können und so wurde jeder Einwurf für Georgien lauthals bejubelt, erst recht jede Ecke und erst recht das Tor.
Danach gingen wir dann noch mit allen Bekannten und Freunden zusammen zum Karaoke in die Altstadt.








Für Sonntag hatten wir uns dann mit Tobi und Janek verabredet, um gemeinsam nochmals nach Mzcheta zu fahren, da weder Tobi noch Marie schon einmal dort waren. Und so trafen wir uns gegen 12 bei mir und fuhren mit Tobis Auto dorthin. Dabei besichtigten wir alles, was ich auch schon mit Sandra gesehen habe. Daher werde ich jetzt hier nicht näher darüber berichten. Anzumerken ist nur, dass sich an diesem Sonntag erheblich mehr Menschen auf die Socken nach Mzcheta gemacht hatten, so dass der Ort nicht ganz so ausgestorben wie bei letzten Mal gewirkt hat. Auch konnten wir diesmal die Kirchen auch im Inneren besichtigen, da zum Zeitpunkt unseres Besuches zum Glück keine Gottesdienste stattfanden.




Am Montag fand dann nun der Vorausscheid zum Debattierwettbewerb statt. Die Jury bestand aus Kerstin (Janeks Mentorin), Anna-Lotta (eine Kulturweit-Freiwillige und Lehramtsstudentin) und mir. Unsere Aufgabe war es nun, die besten 8 aus etwa 20 Teams auszuwählen, die dann beim Finale am 14.4. gegeneinander antreten sollen. Diese Aufgabe stellte sich als sehr schwer heraus, da viele Teams nicht nur über erstaunlich gute Deutschkenntnisse, sondern auch eine sehr gute Debattierfähigkeit verfügten. Aber zum Abschluss musste eine Auswahl getroffen werden und ich denke, dass wir diese mit gutem Wissen und Gewissen getroffen haben. Für mich war es eine sehr interessante Erfahrung, da ich nun erstmals an anderen Seite des Prüfungstisches saß.
Zum Abschluss hatte Janek noch alle Helfer zum Essen eingeladen. Vielen Dank dafür!

Die Woche ist seitdem wie im Fluge vergangen. Jetzt ist es schon wieder Donnerstag (31.3.) und in wenigen Stunden geht Janeks und mein Flug nach Odessa in die Ukraine, wo wir noch drei weitere Stipendiaten unseres Programms zu einem Regionaltreffen treffen (Anna und Matthias aus der Ukraine und Daniela aus Litauen) – zwecks Gedankenaustausches. Natürlich wird auch hier der Spaßfaktor nicht zu klein sein, in Odessa wird es viel zu entdecken geben. Noch habe ich nichts gepackt und in 4 Stunden muss ich schon zum Flughafen. Also macht’s gut bis zum nächsten Mal!

Zum Schluss noch ein paar Impressionen.

Aus meiner Straße (ganz hinten am blauen Tor wohne ich):





Der russische „Meister Proper“:



„Dezente“ Werbung für eine Armeekarriere in der Schule:



„Spielmobil“:


Montag, 14. März 2011

Rugby und der Besuch in Mzcheta

Nachdem ich dann endlich mal wieder schön am Samstag ausgeschlafen hatte, ging es dann zum Rugby. Der Vorschlag kam von Janek bzw. von den Söhnen (etwa zwischen 14 und 16 Jahren alt) seiner Vermieter, die wohl öfter dort hingehen. Dazu muss angemerkt werden, dass in Georgien der Rugbysport ungefähr denselben Stellenwert wie in Deutschland der Fußball besitzt. Also es ging nun auf zum Länderspiel Georgien gegen Rumänien. Um welche Art von Spiel es sich handelte, konnten wir allerdings nicht in Erfahrung bringen. Meines Erachtens war der große Andrang ein untrügliches Zeichen dafür, dass es sich nicht um ein Freundschaftsspiel gehandelt haben konnte. Doch zunächst zur Anreise: Umweltbewusst wie wir sind, wollten wir mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zum Stadion von Lokomotive Tbilisi fahren. Allerdings wurde schon das zum Problem, da sie Tiflisser Verkehrsbetriebe nicht Willens waren, für ein solches Ereignis zusätzliche Busse einzusetzen. Die Folge: derart überfüllte Busse, dass sich die Türen dieser schon nicht mehr schließen konnten. Wir entschieden uns unter diesen Umständen mit dem Taxi zum Stadion zu fahren. Da Taxis hier in keinster Weise preislich mit denen in Deutschland zu vergleichen sind, schröpfte das nicht besonders unseren Geldbeutel. Wir kamen trotz Stau und Verkehrschaos noch gerade rechtzeitig für umgerechnet 1,80€ am Stadion an. Nur bringt es einem kaum etwas, wenn man rechtzeitig am Stadion ist, aber es an einer eigenen Eintrittskarte mangelt und etwa 200 Menschen auch noch auf eine solche scharf sind. Es spielten sich also nach deutschem Empfinden vor den Ticketschaltern recht chaotische Szenen ab:



Daher entschlossen wir uns den schmalsten der beiden Brüder zum Ticketkauf zu schicken, der auch nach etwa 20min. mit den ersehnten Eintrittskarten wieder aus der Menge auftauchte. Leider war das Spiel zu diesem Zeitpunkt schon in vollem Gange, aber bei Ticketpreisen von etwa 0,80€ war das zu verschmerzen, v.a. auch, weil unser Herzblut nun nicht so sehr an diesem Sport und an der georgischen Nationalmannschaft hing. Jedoch muss ich anmerken, dass Rugby ein durchaus interessanter Sport ist und die Stimmung im Stadion auch nicht zu verachten war incl. 4facher Laola-Welle. Ebenso beachtenswert war die recht friedliche Atmosphäre, was aber auch daran gelegen haben könnte, dass Georgien das Spiel gewann.







Vom Stadion bin ich dann mit Janek direkt zu mir nach Hause gefahren. Hier haben wir dann Bundesliga geschaut und mal wieder die leckeren Nudeln gekocht. Danach ging es noch in eine Kneipe, wo wir uns dann noch mit ein paar anderen Leuten getroffen haben. Um 3 war ich dann wieder zu Hause und um 8 entstieg ich dann schon wieder meinem Bett, denn ich hatte mich ja mit Sandra verabredet, um in die alte Hauptstadt Georgiens, Mzcheta, zu fahren. Wir trafen uns also gegen 10 am Busbahnhof und fuhren mit der Marschrutka in diese etwa 20km entfernte Stadt. Mzcheta ist eine durchaus beeindruckenden Stadt. Auf der einen Seite viele Jahrhunderte alte Bauten. Auf der anderen Seite eine komplett sanierte Altstadt, was völlig untypisch für Georgien ist und von uns daher auch mit Staunen bemerkt wurde. Diese Investitionen resultieren natürlich aus dem Status als UNESCO-Weltkulturerbe und vor allem aus dem wichtigen Stellenwert des Ortes für die Georgier: er ist das geistliche und religiöse Zentrum. Aus diesem Grund waren die Messen an diesem Sonntag auch ganz besonders stark besucht, so dass eine Besichtigung der Kirchen fast unmöglich war.







Besonders beeindruckend war eine kleine Kapelle aus dem Anfang des 4. Jahrhunderts. Es handelt sich hier um das ersten christliche Bauwerk auf dem Boden des heutigen Georgiens und stammt aus der Zeit, als das Christentum hier als Staatsreligion übernommen wurde. Wenn man bedankt, dass in Deutschland aus dieser Zeit größtenteils nur bröcklige Pfahlbautenreste ausgegraben werden, wird einem der enorme kulturelle Stellenwert dieses Landes immer mehr bewusst.



Höhepunkt unseres Ausfluges war die Besteigung eines Berges mit darauf befindlichem ehemaligem Kloster. Von dort aus hatten wir eine gigantische Sicht auf die mittelalterliche Hauptstadt Georgiens.








Da wir für den Aufstieg die vielen reizvollen Angebote der zahlreichen Taxifahrer ausgeschlagen hatten und dafür lieber über eine Autobahn, schmale Pfande und durch Gebüsch gekraxelt sind, war unsere Lust auf einen Abstieg etwas geschwunden. Um unser Vorgehen nun zu besprechen, standen wir unschlüssig auf dem Parkplatz herum. Freundlicherweise kam die Besatzung eines Polizeifahrzeuges auf die nette Idee, uns ins Tal mitzunehmen. So haben wir uns den  Fußweg gespart und wurden ziel- sowie punktgenau an der richtigen Marschrutkastation von den beiden netten Polizisten abgesetzt, die sich dann auch mit einem kurzen Hupen recht schnell verabschiedeten.




Dann fuhren wir zurück nach Tiflis. Abends ging es dann mit Janek, Tobi und anderen Leuten in eine Sportbar zum Bundesliga schauen. Leider kamen wir zu spät und wir konnten nicht mehr ein paar Lari auf das Spiel wetten. Als ich aber den Ausgang des Spieles St. Pauli gegen Stuttgart sah, war mir das auch ganz recht so.

Heute (Montag) ging es dann für mich etwas später in die Schule, da ich vorher noch ein paar Stunden im Goethe-Institut war und für meine Projekt- und Unterrichtsideen recherchiert habe. Dann waren 3 Stunden Hospitation bei Robert angesagt, der mich dann nach dem Unterricht noch auf Kaffee und Kuchen ins Literaturcafé einlud. Robert ist ein wirklich sehr engagierter Lehrer, ursprünglich interessanterweise aus Chemnitz, der meiner Meinung nach gerade in den schwierigeren Klassen ein ganz gutes Händchen zu haben scheint und so der Disziplinprobleme wenigstens einigermaßen Herr wird. Morgen geht es dann mit Hospitationen bei Maja, einer georgischen Lehrerin, weiter. Ich bin schon gespannt, was da für mich neues zu entdecken gibt…

Zum Abschluss noch zwei Schnappschüsse:




Und zwei Entfernungsangaben – jeweils in die andere Himmelsrichtung: