Freitag, 11. März 2011

Neues aus Tiflis

Am Mittwoch hatten Heiner und ich nun entschieden, dass mein obligatorisches Projekt in der 9. Klasse durchgeführt werden soll. Das Thema, welches Heiner und mir am meisten gefiel, war: Deutsche Orte in Tiflis, d.h. es sollte eine Art Stadtführer zu Orten der deutschen Minderheit in Tiflis bzw. Georgien entstehen. Gegenüber Heiner bestand ich aber darauf, den Schüler aber doch eine Wahlmöglichkeit zu lassen. So plante ich, am Donnerstag zwei mögliche Projektthemen exemplarisch in der Klasse vorzustellen, die Klasse aber selbst noch weitere Themen erarbeiten zu lassen, um dann in Abstimmung mit den Schülern ein Projekt auszuwählen. Die Idee dahinter ist, dass die Schüler sich natürlich für ein Projekt begeistern sollen und das ist nunmal am besten bei einem selbst gewählten Thema möglich.
Am selben Tag habe ich noch die deutschen Bibliotheken des Goethe-Instituts und der Georgischen Staatsbibiothek (Humboldt-Bibliothek) inspiziert und für Freitag Heiners 11. Klasse zu einer Einführung in die Bibliotheksbestände angemeldet. Da die Jahrgangsstufe 11 im Zuge ihrer Vorbereitung auf das deutsche Sprachdiplom auch eine Projektarbeit anfertigen muss (d.h. etwa 15-20 Seiten Ausarbeitungen zu einem selbstgewählten Thema), wollten wir ihnen das Angebot machen, in diesen Bibliotheken nach Literatur suchen zu können.
Zur Anmeldung der Gruppe sprach ich bei der Leiterin der Bibliothek des Goethe-Instituts vor, die mich in etwa so begrüßte: "Und sie sind bestimmt der Lebensgefährte von derjenigen, die in der Deutschen Schule arbeiten wird!" Woher sie das wusste, kann ich bis heute nicht rekonstruieren. Ihre Erklärung: "Wir sind hier in Tiflis nicht viele Deutsche, das spricht sich rum." Damit hatte ich nicht gerechnet...Na gut, begünstigend kommt hinzu, dass Maries Bewerbung für die Deutsche Schule wohl über ihren Tisch ging. Wie sie mich dennoch idetifizieren konnte, bleibt für mich ein Rätsel. Sehr aufgeschlossen zeigte sie sich gegenüber meinen Projekten und bot mir die Möglichkeit an, die Ergebnisse dieser (wie sie auch immer aussehen werden) über die Seite des Goethe-instituts zu verlinken und unter News auf der Institutsseite zu posten. Das wäre natürlich klasse, denn so wird die Arbeit der Schüler viel sinnvoller - wenn nämlich auch externe Leute von diesen erfahren.

Aus der Projektvorstellung am Donnerstag wurde dann allerdings nichts, da Heiner im ersten Teil der Doppelstunde mit seinem Thema nicht richtig fertig wurde, in der zweiten Hälfte sollte eigentlich das Projekt dran sein, so dass wir gemeinsam beschlossen haben, dies auf nächste Woche Mittwoch zu verschieben.
Der generelle Schulalltag bei mir ist noch vor allem durch Hospitieren gekennzeichnet. Gestern war ich nun erstmals auch bei einer georgischen Kollegin und ihrer 7. Klasse. Leider waren die Schüler durch meine Anwesenheit etwas unruhig, so dass sie allerhand Mühe hatte zu unterrichten, war ihr sichtlich etwas unangenehm war. Letztendlich ist ihr das aber doch ganz gut gelungen.
Die Schule an sich und die schulischen Bedingungen zeigen sich bei näherem Hinschauen in einem immer schlechteren Zustand. Das mir das nicht schon eher auffiel, hat damit zu tun, dass ich vornehmlich in den Klassenräumen der deutschen Lehrer war, die zwar durch große Unordnung, wenig Sauberkeit und Kälte "begeistern", aber zum Glück noch viel Platz bieten. In den anderen Klassenräumen sieht es ähnlich aus, aber die Platzsituation ist so verschärft, dass sogar kaum noch Platz für den Lehrer im Zimmer ist, geschweige denn mal für eine Gruppenarbeit, Rollenspiel, veränderte Sitzpositionen etc. Das ist wirklich ungünstig, da hier natürlich schon durch die strukturellen Bedingungen sich bestimmte morderne Unterrichtsmethoden von vornherein ausschließen bzw. massiv erschwert werden. Zusätzlich funktioniert in manchen Räumen das Licht nicht, was im Sommer bei Sonnenschein noch gerade so gehen dürfte, aber wie gestern bei Regen zum großen Problem wird. Zu den sanitären Anlagen sage ich lieber nichts...Bei all diesen Dingen muss man sich vergegenwärtigen, dass es sich hier um eine der renommiertesten Sprachdiplomschulen handelt, die obendrein noch in der Hauptstadt liegt. Wenn ich ein wenig herumreise, dann werde ich auch mal einen Blick in andere Schulen werfen und dann weiter berichten.

Am Donnerstag ist nun auch spontan meine Mitbewohnerin ausgezogen. Ich hatte ja schon erwähnt, dass es auch für sie hier ein unhaltbarer Wohnzustand war, da sie nicht in das ihr versprochene Zimmer ziehen konnte. Nun hat sie sich eine neue Bleibe gesucht - eine WG, vermittelt über ihre Kolleginnen beim UNHCR. Das ist wirklich schade, denn wir haben uns sehr gut verstanden. Wir wollen aber weiter in Kontakt bleiben, wofür sich bestimmt ausreichend Anlässe finden werden.

Heute (Freitag) war nun der Tag der Bibliothekbesuche und zum Glück konnte ich nun endlich mal ordentlich ausschlafen, da mit der Klasse erst um 13:00 Treff war. Das hat auch alles sehr gut geklappt, von 11 Schülern waren doch tatsächlich 8 erschienen. Ich muss wirklich sagen, dass sie alle sehr freundlich und aufgeschlossen sind. Darüber hinaus haben sie ein wirklich gutes Deutsch-Niveau, auch wenn Heiner meint, dass wohl einige das Sprachdiplom am Ende des Schuljahres nicht bestehen werden. Zum Schluss haben sich sogar noch drei Schüler einen Leseausweis machen lassen. Das sind 25% der gesamten Klasse und somit 300% mehr als am Montag von ihnen zum Unterricht erschienen waren. Das Plan ist übererfüllt :-)

Nach Schulschluss habe ich endlich mal die nähere Umgebung meiner Wohnung erkundet. Man kann sagen, dass es hier schonmal auf keinen Fall an Geldumstauschmöglichkeiten mangelt.




Nun habe ich endlich den schon lange gesuchten Basar gefunden. Bisher musste ich Obst, Gemüse etc. immer im Laden kaufen. Jetzt ist der Markt gefunden, wo es auch deutlich billiger ist. Der Markt an sich besteht aus einem abgegrenzten Gebiet, auf dem sich die unterschiedlichsten großen (mit großen LkWs) und kleinen Händler (mit einem Transporter) bis hin zum kleinen Mütterchen (mit einem Einer voller Äpfel oder Zwiebeln) positionieren. Grundlage für den Platz ist eine mehrere Zentimeter tiefe Schlammschicht. Der Vorteil für die Händler besteht darin, dass sich dadurch die gesamte Kundschaft ganz nah an den Ständen vorbeidrängelt, da hier der Schlamm am flachsten ist. Man könnte fast denken, dass der ganze "Schlammassel" von ihren bewusst dort plaziert wurde. Umrundet wird die ganze Szenerie von hunderten kleinen Läden, die sich in den Erdgeschossen der umliegenden Häuser eingerichtet haben und vom Klopapier über Schweineköpfe bis zu Wein alles verkaufen, was irgendwie Einnahmen bringt. Sprich: mein Einkaufsparadies.








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