Dienstag, 8. März 2011

Stadtrundgang - erster Schultag - Ausflug

Am Sonntag haben Sandra und ich das super schöne Wetter ausgenutzt und sind, ich nochmals und Sandra zum ersten Mal, auf Entdeckungstour in die Altstadt von Tiflis gegangen. Die letzten Tage hatten wir wirklich geniales Wetter – ca. 10 Grad plus sowie Sonnenschein und das wollten wir nutzen. So bot sich uns Tiflis von seiner schönsten Seite, auch wenn das Grün noch fehlt, welches die Stadt bestimmt angenehmer aussehen lässt. Architektonisch hervorzuheben sind die auffälligen und teils auch sehr gewagten Balkonkonstruktionen in der Altstadt. Leider verliert das Zentrum seinen Charme etwas, da die Altstadt zur Zeit etappenweise immer weiter saniert wird. Dass dies notwendig ist, steht außer Frage. Der bauliche Zustand der Häuser ist teilweise mehr als katastrophal. Ein großes Problem besteht mit den Wasser- und Abwasserleitungen, welche oft brechen, da sie ihren Zenit schon längst überschritten haben. Dabei werden öfter die Fundamente der Häuser unterspült, was natürlich verheerende Auswirkungen auf die Bausubstanz hat. Allerdings verändern sich durchs Renovierten auch die Mieten, es ziehen Restaurants & Bars ein und es wird alles mehr auf Tourismus bzw. auf das zahlungskräftige nationale und internationale Klientel ausgerichtet. Das steht natürlich dem ursprünglichen Charme der Stadt entgegen, der aber an manchen Stellen immer noch sehr lebendig ist. Hier einige Impressionen:

































Abends waren wir dann noch zusammen mit Heiner in der Künstlerpension Mutabi, um uns nach weiteren Optionen für das Wohnen umzusehen, da zu diesem Zeitpunkt noch nicht klar war, wie sich die Wohnsituation hier weiter gestalten sollte. Das hat sich dann aber am Montag geklärt. Ich werde weiter hier wohnen bleiben und auch die Anwesenheit von Marie über einen so langen Zeitraum stellt kein Problem dar.
Über den Besitzer der Pension, Mutabi (ca. 50 Jahre), lässt sich Folgendes sagen: Sein Vater ist Kunstprofessor an der Uni Tiflis, er selbst auch ein Maler. Alle ein wenig vom Schlag des zerstreuten Künstlers, aber sehr freundlich und zuvorkommend: es gab Kaffee, Kuchen und Kognak. Leider war der Preis für die Zimmer doch zu happig. Aber Heiner hatte wenigstens mal seinen Freund nach langer Zeit wieder gesehen, denn unser Besuch bot ihm dafür den gegebenen Anlass. Auf den Bilder ist das Atelier des Professors zu sehen (nicht die zu mietende Räume):








Gestern (Montag) war nun mein erster Schultag. Ich habe mit Heiner abgesprochen, dass ich diese Woche nur hospitieren werde. Leider kam kein einziger Schüler seiner 11. Klasse zum Unterricht. Da am Dienstag der Frauentag hier als gesetzlicher Feiertag gilt, wurde eben der Montag von vielen als Brückentag genutzt. Also begaben wir uns zu Robert, einem weiteren Lehrer aus Deutschland, in die Klasse, bei dem wenigstens drei Schülerinnen erschienen waren, die dann kurz ihre Projektarbeiten vorstellten. In der danach folgenden Doppelstunde war dann doch wenigstens Heiners 8.Klasse weitgehend vollständig. Ich habe mich kurz vorgestellt – Name, woher, was ich mache etc. – und dann sich ebenso die Schüler. Dann ging es für mich in meine Hospitationsecke. Lediglich bei der Kontrolle von Aufgaben eines Arbeitsblattes war ich nochmals aktiv tätig.
An der Schule kommt mir alles etwas chaotisch vor, aber daran muss ich mich wohl gewöhnen. Die Schüler in den oberen Klassen sprechen eigentlich ein recht ordentliches Deutsch, wobei hier vor allem die Mädchen hervorstechen, die scheinbar doch motivierter mit dem Ziel des Deutschen Sprachdiploms umgehen. Die Kollegen sind alle super nett und so fühle ich mich zumindest von dieser Seite aus schon mal sehr wohl. Hier wird sich grundsätzlich unter den Lehrern mit „du“ angesprochen, was äußerst angenehm ist. Auch das Verhältnis der Lehrer zu den Schülern ist hier weitaus enger – mit Umarmung zur Begrüßung etc. Dies betrifft aber vor allem die georgischen Lehrer, bei den Deutschen ist es überlich alles so wie in Deutschland zu gestalten. Das ist mir auch ganz recht so – ich bin also Herr Ziegler oder Herr Martin. Wie auch immer und ich denke, das passt schon. Die Bedingungen in den Klassenräumen sind nicht so toll. Prinzipiell wird in Jacke, Mantel usw. unterrichtet, denn es ist arschkalt in der Schule. Heizung gibt es zwar, aber die arbeitet eher ineffizient. Da friert man sich so richtig einen ab. Da möchte ich nicht Schüler sein, die sich ja noch viel weniger bewegen und jede freie Minute gern an der Heizung verbringen. All das ist natürlich für das Lernklima abträglich – Stichwort: Gestaltung der Lernumgebung. Na gut, dann werde ich bei meinen eigenen Stunden dann wohl öfter ein bisschen Bewegung bzw. Abwechslung einbauen. Ich glaube, dass das vor allem auch die unteren Klassen arg benötigen, da selbst ohne Kälte ihre Konzentrationsfähigkeit nicht besonders hoch zu sein scheint. Problematisch erscheint die Konfliktfähigkeit und der Willen zur kritischen Meinungsbildung zu sein, der teilweise nur rudimentär vorhanden ist. Wohl ein Relikt aus alten Zeiten und auch im heutigen Georgien wohl nicht mit letzter Vehemenz politisch gewollt. Aber ich freue mich auf die weiteren Stunden am Mittwoch.
Montagabend waren dann noch Janek und seine Freundin Kerstin zu Besuch. Wir haben ein bisschen zusammen gesessen und haben Nudeln gekocht. Auch Sandra war natürlich mit dabei. Im Ganzen war es ein wirklich netter und gelungener Abend, der dann durch den großen Showdown mit der Diskussion um die weiteren Wohnbedingungen abgerundet wurde.

Heute (Dienstag) war nun Frauentag und somit frei. So bin ich dann zusammen mit Janek, Kerstin und Tobi, einem Mitarbeiter der Schweizer Botschaft, nach Dawid Garatschi, einem uralten Kloster (Gründung etwa im 9. Jahrhundert), gefahren. Da Tobi im Besitz eines Autos ist, konnten wir uns ungehindert fortbewegen. Da es sich um einen Jeep handelte, trotzen wir auch den widrigsten Straßenverhältnissen und der am stalinistischsten anmutenden Stadt, welche ich je gesehen habe, mit dem Namen Rustavi.





Nach mehrmaligem Fragen haben wir dann doch irgendwann den richtigen Weg gefunden, der uns vor allem über matschige und steinige Bergstraßen hin zum Ort der Verheißung führen sollte. Es waren wirklich Off-Road-Bedingungen und das Auto wurde endlich einmal seinem Zweck als Jeep standesgemäß zugeführt. Das Kloster liegt vielleicht 20km weg von jeder Zivilisation mitten in den Bergen und besteht aus einer gesicherten Anlage innerhalb derer die Wohnungen der Mönche, die in die Felsen in Form von Höhlen eingehauen sind, liegen. Zufällig hielten die Mönche gerade ihren Gottesdienst ab, so dass wir uns kurz dazu gesellten, um uns dann schnellst möglich wieder zu verziehen, da uns doch Ritus und Gestus eher fremd waren und wir mit unserer Nicht-Teilnahme an diesen auf keinen Fall den Unmut der Mönche heraufbeschwören wollten.









Danach ging es zurück nach Tiflis über wirklich desolate Straßen und vorbei an Orten, die so verlassen, verfallen und trist sind, dass sogar die Kühe mitten auf der Straße sich zur Ruhe gelegt haben. Nicht mal unser Diplomaten-Kennzeichen am Auto hat in ihnen auch nur irgendeine Reaktion ausgelöst.





Zum Abschluss stärkten wir uns noch in einer Gaststätte. Es gab Chachapuri (gebackenes Käsebrot), Chinkali (gefüllte Teigtaschen, wie Pelmeni, nur größer) und Mzwadi (Schaschlik), dazu Bier und Kaffee. Ein wirklich ausgezeichnetes Essen und das zu moderaten Preisen von etwa 5 Euro pro Person.
Zuvor haben wir noch den einzigen Fahrfehler unseres wackeren Fahrers mit vereinten Kräften ausgemerzt.




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